Zwei Tage später, am 10. Oktober 1989, kam der Wiener Philharmoniker in den Handel – die Münze Österreich feiert daher den heutigen Tag als 30. Geburtstag ihrer Anlagemünze. Damals war „Phil“ in den Varianten zu einer Unze und einer halben Unze zu bekommen und entwickelte sich in Rekordzeit zu einem Bestseller: Nur ein Jahr später wurde bereits die Marke von einer Million geprägter Philharmoniker geknackt und die Investmentprägung der Münze Österreich war die Nummer Eins in Europa und die Nummer Zwei der weltweit meistverkauften Bullion-Münzen.
Obwohl Österreich mit der Prägung von Kronen, Dukaten und Florin auf eine jahrhundertelange Goldmünzen-Tradition zurückblickt, dauerte es überraschend lang, bis in der Zweiten Republik eine Goldmünze zu Anlagezwecken verkauft werden konnte. Erst im November 1988 wurden die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, um Goldmünzen zu Anlagezwecken mit einem Preis nah am jeweils aktuellen Tageskurs zu verkaufen.
Bevor der Wiener Philharmoniker als Anlagemünze das Licht der Welt erblickte, waren allerdings noch einige Vorbereitungen nötig. Ursprünglich suchten die Verantwortlichen bei der Münze Österreich nach einem Motiv, welches an die berühmten Nationalmünzen anderer Staaten erinnert. Doch während Großbritannien mit der Britannia, die Vereinigten Staaten mit dem Weißkopfseeadler sowie Kanada mit dem Ahornblatt typische Nationalsymbole für ihre Anlagemünzen nutzen konnten, fiel die Suche nach einem entsprechenden Motiv für Österreich überraschend schwer aus.
Dass die Wahl schlussendlich auf das weltberühmte Konzertorchester fallen würde, war im Jahr 1988 noch keinesfalls ausgemachte Sache. Diskutiert wurde unter anderem eine Goldhaube als typisch österreichische Tracht, das Kloster Melk sowie der Stephansdom als berühmtestes Bauwerk der Hauptstadt Wien. Das Gotteshaus wurde allerdings schnell von der Liste gestrichen, weil sich das Bauwerk mit dem spitzen Turm nur unzureichend in die runde Form der Münze zwängen ließ. Der Vorstand der Münze Österreich entschied sich nach Sichtung der ersten Entwürfe schnell für das Thema Musik.
Die Idee wurde weiter ausgestaltet, sodass auf frühen Entwürfen der Philharmoniker-Goldmünze noch das ganze Orchester zu sehen war, während die Orgel in den Hintergrund gedrängt wurde. In einem zweiten Entwurf wurden die Musiker gestrichen, es waren allerdings deutlich mehr Musikinstrumente auf der Bildseite zu sehen als im finalen Entwurf. Nach mehreren Gestaltungsversuchen entstand die finale Komposition, welche wenige ausgewählte Instrumente auf der Bildseite zeigt und die große Orgel aus dem goldenen Saal des Wiener Musikvereins auf der Wertseite.
Nachdem die Komposition des numismatischen Kunstwerkes abgeschlossen war, musste nur noch eine Formalität geklärt werden: die Münze Österreich musste das Recht erhalten, den Namen der Wiener Philharmoniker für ihre Anlagemünzen zu nutzen. Und weil das Orchester demokratisch organisiert ist, wurde eine Abstimmung unter den Musikern veranstaltet – mit einem deutlichen Ergebnis für die Rechteübertragung, welche für die Philharmoniker nicht zuletzt auch kostenlose Werbung und ständige Aufmerksamkeit bedeutet.
Dreißig Jahre später ist der Wiener Philharmoniker fester Bestandteil der Münzenwelt und rückblickend eine Erfolgsgeschichte, wie sie sonst nur den Südafrikanern mit dem Krügerrand gelungen ist. Inzwischen sind die Anlagemünzen aus Österreich auch in Silber und Platin zu bekommen und zu Ehren des 825. Geburtstags der Münze Wien wurde nach dem Vorbild des Silber-Philharmoniker eine Bullion-Sonderprägung mit drei verschiedenen Motiven ausgegeben. Und es bleibt spannend, welche numismatische Überraschung die Österreicher für Münzenfreunde in aller Welt in den nächsten Jahren bereit halten.