Es ist wohl der Alptraum eines jeden Sammlers und Anlegers: Nach vielen Jahren werden die gesammelten Schätze zum Goldhändler gebracht und dort als Fälschung enttarnt. Doch die Gefahr, einer Nachahmung aufzuliegen, ist insbesondere im Zeitalter der Online-Auktionen und Kleinanzeigen-Portale groß – und die Fälschungen werden immer besser. Dies musste jüngst auch jemand erfahren, der eigentlich ein geschultes Auge für moderne „Fakes“ haben sollte: Sebastian Wieschowski, numismatischer Fachautor der Zeitschrift „Money Trend“ und Videoblogger unter dem Namen „Coinosseur“, hatte für sein „Schwarzbuch Münzfälschungen“ über 1000 Fälschungen gesichtet und fotografiert – und berichtet nun in einem aktuellen YouTube-Video, dass es sich bei einer 20-Dollar-Goldmünze „Liberty Head“ aus seiner eigenen Sammlung um eine historische Nachprägung handelt.
Bei seinen Recherchen rund um die nachgeprägte US-Münze holte sich der Journalist auch Unterstützung in der Numismatik-Abteilung der Degussa Goldhandel. Anhand einer vergleichbaren Nachprägung gab Peter Zgorzynski, Numismatiker bei Degussa und von der IHK Offenbach am Main öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Gold- und Silbermünzen ab 1871; Gold- und Silberbarren, Wieschowski einen Einblick in die Fälschungserkennung. Bei dem Fälschungstyp, den auch der numismatische Fachautor in seiner Sammlung hatte, ist für Numismatiker Zgorzynski der Fall vergleichsweise einfach zu lösen: „Die Striche auf dem Brustschild laufen auf der Fälschung zu stark ineinander, auf dem Original sind drei separate Linien klar erkennbar“, erklärt er nach einer kurzen Untersuchung der Münze unter dem Mikroskop.
Eine ähnliche Beobachtung macht Peter Zgorzynski beim Münzzeichen: Das „S“ für San Francisco ist nach seiner Einschätzung auf der Fälschung viel zu grob und dick dargestellt. Die Oberfläche deutet darauf hin, dass es sich hierbei um eine Gussfälschung und keine klassische Prägung handelt.
Verräterisch ist zudem der Rand der Münze: Die einzelnen Linien des Riffelrandes sollten gleichmäßig voneinander entfernt sein, bei der Fälschung fällt der Abstand geradezu willkürlich aus. Details wie diese sind aus Sicht des Experten mit bloßem Auge feststellbar, sicherheitshalber sollte bei der Prüfung einer Münze allerdings eine Lupe zu Hilfe genommen werden. So fällt es leichter, echte Abnutzung von künstlich herbei geführten Unregelmäßigkeiten zu erkennen.
Letzte Gewissheit bietet die Röntgenfluoreszenzmessung. Das Ergebnis: Die Münze weist einen Goldgehalt von 950/1000 Stücken auf. Es ist also sogar laut der Messung mehr Gold enthalten als in einem Original, die US-Goldmünzen wurden wie die meisten historischen Kurantmünzen mit einer 900er-Legierung und einem Kupferanteil geprägt. Aufgrund der Eigenschaften der Münze vermutet Peter Zgorzynski davon aus, dass die Münze vor etwa 70 bis 80 Jahren gegossen wurde und eine Oberflächenbehandlung stattfand.
Auch wenn der vereidigte Sachverständige bereits auf den ersten Blick wusste, dass mit einer solchen Münze „etwas nicht stimmt“, warnt er davor, die Fälschungserkennung auf die leichte Schulter zu nehmen – insbesondere wenn es um Nachahmungen aus Fernost geht: „Die China-Fälschungen werden oft als plump und leicht erkennbar dargestellt. Das ist in vielen Fällen falsch. Die Fälscher haben dazugelernt“. So wurde beispielsweise die weit verbreitete Fälschung eines Perth-Mint-Goldbarrens neuerdings optimiert: Der Blister, die Schrift, die Zeichenfolge der Seriennummer – alles sieht inzwischen exakt wie bei einem Originalbarren aus, nachdem frühere Fälschungen noch durch abweichende Farben, Schriftarten und andere Details leicht aufgefallen waren. „Manche Fälschungen sind regelrechte Kunstwerke und deutlich besser gemacht als ein Original“.
Nach mehreren Jahrzehnten in Münzhandel und zehntausenden Fälschungen betrachtet Peter Zgorzynski die gängigen Tipps rund um die Fälschungserkennung mit Skepsis. Er selbst kann auf ein Arsenal an Prüfgeräten zurückgreifen, die nicht jeder Edelmetallhändler zur Verfügung hat: „Wir haben Mikroskope, Röntgenfluoreszenz-Messgeräte, Ultraschallprüfgeräte, Dichtewaage, die Prüfgeräte für die Messung der elektrischen Leitfähigkeit; hier stehen Apparaturen im Wert von mehreren zehntausenden Euro bereit und wir testen ständig neue Geräte“, erklärt Peter Zgorzynski, weil: „Bei Münzfälschungen gibt nur ‚Ja oder Nein‘.“
Während der Experte davon abrät, Hausmittel wie den weit verbreiteten „Klangtest“ einzusetzen (hierbei soll die Echtheit anhand des Geräusches bestimmt werden, welches entsteht, wenn die Münze angestoßen wird), hat er einen anderen praxistauglichen Tipp für Edelmetallkäufer parat: „Bevor ich bei einem Händler kaufe, würde ich raten, den Ankauf zu testen und zu beobachten, wie sorgfältig die Händler beim Ankauf vorgehen. Denn so sorgfältig, wie sie ankaufen, verkaufen sie üblicherweise auch.“
In den Niederlassungen der Degussa Goldhandel werden grundsätzlich als Vorprüfung drei Methoden angewandt: Die Messung der elektrischen Leitfähigkeit, die Magnetwaage und Röntgenfluoreszenz-Analyse. Bei allen Zweifelsfällen sowie größeren Mengen oder Einzelpositionen ( ab einem bestimmten Wert ) landen die Stücke auf dem Schreibtisch von Peter Zgorzynski und seiner Kollegin Jessica Fromm – an einem Tag werden so zwischen 500 und 1000 Münzen geprüft. Für den Kunden hat diese kleine unvermeidliche Verzögerung keine negativen Auswirkungen: Der Ankaufskurs wird fixiert und sobald die Prüfung abgeschlossen ist, wird der Ankauf finalisiert.
Während Gussfälschungen in der Numismatik-Abteilung der Degussa schon als alte Bekannte durchgehen, bereitet Peter Zgorzynski und seinen Kollegen eine spezielle Fälschungsvariante besonders großes Kopfzerbrechen: Manipulationen von echten Münzen lassen sich mit herkömmlichen Prüfgeräten nicht erkennen. Hier ist Sachverstand und insbesondere die Kenntnis kleinster Details nötig. So erkannte er beispielsweise auf einer seltenen 20-Mark-Münze aus dem Kaiserreich minimale Lötspuren rund um das Münzzeichen „C“. Zgorzynski hatte einen Verdacht und bat mehrere Auktionshäuser um Hilfe, die bereitwillig ein Original der extrem seltenen Münze bereit stellten und nach Frankfurt schickten. Erst der Vergleich bot vollständige Gewissheit: An die Stelle eines weit verbreiteten „A“ wurde ein Münzzeichen „C“ gesetzt. Die scharfkantigen und eckigen Konturen des Münzzeichens wurden erst unterm Mikroskop deutlich – ein solches Detail würde wohl jedem numismatischen Laien und sogar Profi nicht auffallen und macht einen Wertunterschied von mehreren zehntausend Euro aus.
Inzwischen werden jedoch nicht nur Münzen gefälscht, Betrüger bauen kurzerhand ganze Onlineshops nach. Denn heutzutage ist es dank leicht zu bedienender Baukastensysteme möglich, eine Internetseite in wenigen Minuten in professioneller Optik fertig zu stellen. Besonders perfide: Gelegentlich bedienen sich die Betrüger der Firmen – und Kontaktdaten von seriösen Goldhandelsunternehmen. Allerdings verraten sich die meisten Fake-Shops durch vergleichsweise einfache Details: Sie werben häufig mit Neukundenrabatten im Umfang von mehreren hundert Euro, die sich kein seriöser Edelmetallhändler leisten könnte. Aus diesem Grund sollten Edelmetallkäufer ausschließlich auf etablierte Händler wie Degussa zurückgreifen und im Falle eines Kaufs bei einem unbekannten Shop die einschlägigen Onlineforen nach Warnhinweisen durchsuchen – denn die Online-Community ist wachsam und schlägt üblicherweise schnell Alarm, wenn irgendwo im Internet mal wieder dubiose Shops eröffnet werden.