Wer heutzutage durch Karlsruhe, Freiburg oder Heidelberg spaziert, könnte leicht den Eindruck gewinnen, dass er sich in einem provinziellen und stolzen Kleinstaat vor den Toren der Bundesrepublik Deutschland befindet – die „Badenser“ haben bis heute ihre kulturellen Eigenheiten, allen voran die liebenswerte Mundart, bewahrt – und den Lokalpatriotismus, der nicht zuletzt aus der reichen Geschichte von Baden als Großherzogtum und damit als eigenständigem Staat zwischen 1806 bis 1871 resultiert.
Auch im Deutschen Kaiserreich war Baden vertreten – auf den Münzen, welche in der Prägestätte Karlsruhe mit dem Münzzeichen „G“ geprägt wurden, waren die Monarchen des südlichen Bundesstaates zu sehen – beispielsweise Friedrich I., Großherzog von Baden (1852-1907). Wenn in einem Spielfilm die Kaiserproklamation inszeniert wird, darf neben dem preußischen König Wilhelm I. sowie dem Reichskanzler Otto von Bismarck ein weiterer Akteur nicht fehlen: Friedrich von Baden sprach im Spiegelsaal von Versailles das erste Hoch auf den frischgebackenen Kaiser aus. und bewies dabei mit der Formulierung „Seine Majestät, Kaiser Wilhelm“ anstelle des von Wilhelm I. verschmähten Titels „Deutscher Kaiser“ diplomatisches Geschick.
Zuhause tat sich Friedrich I. als leidenschaftlicher Kunstliebhaber hervor und war beim Volk beliebt. Er trieb die Errichtung der Großherzoglich-Badischen Kunstschule, die noch heute als Staatliche Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe besteht, voran. Zwischen 1853 und 1918 gehörte der großherzoglichen Familie die Insel Mainau im Bodensee, die sich zu einem Treffpunkt für Künstler entwickelte und zu einer Sammelstätte für exotische Mitbringsel der vielen Reisen des Großherzogs wurde – der Park existiert noch heute. Kurz vor der Jahrhundertwende wurde in dem Park auch mit Theodor Herzl die Möglichkeit einer Gründung eines jüdischen Staates besprochen.
Sein Nachfolger, Friedrich II., Großherzog von Baden (1907-1918), hat sich mit einem erstaunlichen Erfindungsreichtum hervor getan, wenn es darum geht, die eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen. Die Lösung, welche Großherzog Friedrich II. und seine Gemahlin Hilda als besonders unkompliziert erachteten, um ihr Vermögen nach dem Tod nicht an den Staat verfallen zu lassen, hieß „Berthold“ – der Sohn des Prinzen Max von Baden wurde von dem Herzogpaar kurzerhand adoptiert, um zu verhindern, dass nach dem Tod des Monarchen gemäß dem Abfindungsvertrag vom 7. Mai 1919 das Vermögen des Hauses an die Republik Baden fällt. Denn die Besitztümer wären ausschließlich an einen männlichen Nachfolger vererbbar gewesen – und leibliche Kinder hatten Friedrich und Hilda nicht.
Auch wenn die Zeiten des badischen Staates längst vergangen sind, ist der südliche Zipfel der Bundesrepublik Deutschland im Portemonnaie der Menschen in ganz Europa präsent – inzwischen heißt die herzogliche Prägestätte in Karlsruhe „Staatliche Münze Baden-Württemberg Standort Karlsruhe“ und ist die kleinste Münzprägestätte Deutschlands. Sie gelangte im Jahr 1975 zu zweifelhafter Berühmtheit, als ein führender Kopf der Prägestätte heimlich größere Mengen wertvoller und seltener D-Mark-Münzen nachprägen ließ. Alte Fünfmarkstücke und das seltene 50-Pfennigstück aus dem Jahr 1950 wurden neu aufgelegt, da diese Stücke hohe Sammlerwerte erzielten. Die Nachwirkungen des „Karlsruher Münzskandals“ sind bis heute in der deutschen Numismatik zu spüren.