Das Leben von Christian Vilhelm Ferdinand Adolf Georg, geboren 1845 in Kopenhagen, steckt voller Überraschungen. Der Junge wurde bescheiden erzogen und sollte eine solide Offizierslaufbahn einschlagen. Zwar gehörte seine Familie dem Adelshaus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg an, doch bis zum Jahr 1863 lag die dänische Krone in den Händen des Hauses Oldenburg. Weil König Friedrich VII. kinderlos blieb, wurde jedoch bereits 1853 verfügt, dass die Krone auf das Haus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg übergehen solle. Christian stellte sich fortan darauf ein, als Prinz seinen Vater zu unterstützen – doch im Jahr 1863 trug Prinz Wilhelm von Dänemark selbst eine Königskrone, zwei Wochen bevor sein Vater als Christian IX. die Amtsgeschäfte des dänischen Königs übernahm. Am 30. Oktober 1863 wurde der erst 18-jährige Wilhelm in Athen zum griechischen König ernannt.
Die Griechen hatten bereits zuvor erste Erfahrungen mit royalen Gastarbeitern gemacht: Als kurz nach der Gründung des Königreichs das erste Staatsoberhaupt, ermordet wurde und kein geeigneter Nachfolger gefunden werden konnte, beschlossen die europäischen Großmächte nach einer mehrmonatigen Hängepartie, dass es das Beste für Griechenland sei, wenn ein berufserfahrener Fürst aus Europa die Regierungsgeschäfte übernimmt.
Die griechische Nationalversammlung veranstaltete daraufhin ein regelrechtes Königs-Casting, doch ihre Wunschkandidaten lehnten ab: Leopold von Sachsen-Coburg-Saalfeld hatte offenbar einen besseren Job in Aussicht, denn er wurde noch im gleichen Jahr zum ersten König von Belgien. Auch Prinz Karl von Bayern wollte die Aufgabe nicht übernehmen, also musste sein Neffe ran: Otto von Bayern bestieg im Jahr 1831 den griechischen Thron – im Alter von nur 16 Jahren.
Nach über 30 Jahren war es offenbar Zeit für frischen Wind an der Spitze des griechischen Königreiches. Wieder ging die Nationalversammlung in Athen nach Absprache mit den europäischen Großmächten auf Kandidatensuche und entschied sich für Prinz Wilhelm von Dänemark. Offenbar hatten die Griechen dazu gelernt und gaben ihrem neuen Fürsten einen griechisch klingenden Herrschernamen, der Däne war foran als Geórgios A‘ (Georg I.) bekannt.
Mit weiteren Zeichen wurde geschickt versucht, die Griechen für ihren neuen Herrscher zu begeistern. So ließ sich Georg im Jahr 1864 als „König der Hellenen“ und nicht als „König von Griechenland“ proklamieren. Er zeigte sich volksnah, erlernte die griechische Sprache und mischte sich oft unters Volk – diese Nähe wurde Georg jedoch im Jahr 1913 zum Verhängnis, als er bei einem Spaziergang in Athen erschossen wurde.
Während König Georg mit einer Regierungszeit von fast 50 Jahren bei seinem Tod zu den dienstältesten und angesehensten Fürsten Europas zählte, machte sein Land bereits damals durch politische Instabilität und fiskalische Tricks von sich reden: Nicht weniger als 21 mal wurden die Griechen während der Regentschaft von Georg an die Wahlurnen gerufen, also rechnerisch etwa alle zwei Jahre. 70 Regierungen waren in der Zeit zwischen 1864 und 1910 an der Macht.
Auch Georg konnte mit der neuen Verfassung, welche er maßgeblich vorangetrieben hatte, die instabilen politischen Verhältnisse sowie die Korruption und den ineffizienten Beamtenapparat nicht bekämpfen. Im Jahr 1893 kam es sogar zu einem Staatsbankrott, seitdem standen die griechischen Staatsfinanzen unter internationaler Kontrolle.
In den Jahrzehnten zuvor war Griechenland bereits wegen finanzpolitischer Tricks aufgefallen: Zwar trat das Land im Jahr 1868 der Lateinischen Münzunion bei, doch anstelle von Goldmünzen gaben die Griechen vor allem Papiergeld aus. Dies war laut LMU-Regularien offiziell nicht verboten, denn Papiergeld steckte im 19. Jahrhundert noch in den Kinderschuhen und war ein exotisches Zahlungsmittel, weil fast alle wichtigen Länder der Welt auf eine goldgedeckte Währung setzten. Doch natürlich unterlief Griechenland den Zweck der Lateinischen Münzunion, denn Papiergeld und Goldmünzen waren de facto gleichgestellt.
Wie ernst es Griechenland mit seiner Mitgliedschaft in der Lateinischen Münzunion meinte, lässt sich sehr einfach anhand der Prägezahlen der griechischen Goldmünzen feststellen: In nennenswerter Menge wurden die Goldmünzen zu 20 Drachmen lediglich in den Jahren 1877 (mit nur 37.000 Stück) und 1884 (mit 550.000 Stück) produziert, griechisches Gold war im täglichen Geldverkehr also praktisch nicht anzutreffen. Die übrigen Mitgliedsstaaten protestierten, doch nachdem Griechenland infolge des Staatsbankrottes seine Goldreserven abgeliefert hatte, wurde das Land im Jahr 1907 aus der Münzunion ausgeschlossen.
Die Goldmünzen aus Griechenland aus der Zeit der Lateinischen Münzunion sind inzwischen begehrte Sammlerstücke und werden mit einem Aufschlag auf den reinen Goldpreis verkauft. Zudem sind bei Sammlern auch die modernen Gedenkmünzen aus Griechenland beliebt.