Mit seinem Wunsch nach einem „Platz an der Sonne“ war der deutsche Kaiser Wilhelm II. nicht allein – er war lediglich einer der letzten europäischen Monarchen, welche einen beliebigen Flecken Erde für sich beanspruchen konnten. Viele andere Staaten waren den Deutschen im 19. Jahrhundert bei der Kolonialisierung weit voraus und spielten Weltmacht – insbesondere solche Nationen, welche auf den ersten Blick kaum etwas mit ihren Kolonien zu tun hatten. So dürfte es durchaus kurios anmuten, dass auf belgischen Münzen zwischenzeitlich auch Palmen, Elefanten und Löwen zu sehen waren.
Die kolonialen Pläne des Königreichs Belgien trieb insbesondere ein Mann voran: Leopold II. war zwischen 1865 und 1909 als König der Belgier maßgeblich daran beteiligt, das belgische Territorium in der Ferne zu erweitern. Man könnte auch sagen: Es war ein willkommener Zeitvertreib, denn zuhause hatte der König wenig zu melden. Belgien verfügte über ein modernes Regierungssystem und den Prozess der Staatenbildung früh eingeleitet, sodass der König als konstitutioneller Monarch nur über eingeschränkte Machtbefugnisse verfügte. Und die Regierung in Brüssel wusste, dass Kolonien für den Staatshaushalt zu einer Belastung werden könnten. Auch die Bevölkerung in dem kleinen Land hatte offenbar kein gesteigertes Interesse an einer Dependance in Übersee.
Ihr Herrscher hatte freilich andere Ideen. Auf der Suche nach einem passenden Flecken Erde wurde Leopold zuerst in Asien fündig, das Projekt wurde jedoch verworfen. Auf einer Internationalen Konferenz erkor Leopold daraufhin im Jahr 1876 den afrikanischen Kontinent zu seinem Spielfeld – natürlich aus „rein philanthropischem“ Interesse. Bereits bei der Landnahme zeigte sich jedoch das wahre Gutmenschentum Leopolds: Um hunderten regionalen Stammesfürsten ihre Gebiete abzuschwatzen, behaupte der belgische Gesandte Stanley kühn, dass sein Chef sogar die Sonne steuern könne und wandte historischen Überlieferungen zufolge gekonnt einen Taschenspielertrick mit einem Brennglas an.
Nachdem die Magie offenbar die Provinzhäuptlinge überzeugt hatte, konnte Belgien im Jahr 1884 im Rahmen der „Kongo-Konferenz“ in Berlin den Kongo offiziell in Besitz nehmen, genauer gesagt, die Internationale Kongo-Gesellschaft. Und diese befand sich im Besitz von König Leopold, der nun de facto zum Eigentümer eines ganzen afrikanischen Staates mit einem Staatsgebiet wurde, welches 70-mal so groß wie das Mutterland war. Aus seiner Privatschatulle finanzierte Leopold den Aufbau von öffentlichen Einrichtungen und ließ beispielsweise ehemalige Sklaven an Schulen unterrichten.
Diese Bildungsinitiative diente jedoch vor allem als Vorzeigeprojekt für die skeptische Bevölkerung in Belgien. Tatsächlich wurde im Kongo ein Schreckensregime etabliert, welches dafür sorgte, dass die Bevölkerungszahl des Kongo ab 1880 innerhalb von 40 Jahren um mehr als die Hälfte sank. So wurden beispielsweise Feldarbeiter die Hände abgehackt, wenn sie nicht genügend Ernte einfuhren. In dieser Zeit entstand der Begriff „Kongogräuel“.
Auf den belgischen Goldmünzen aus der Zeit der Kolonialisierung ist von der Brutalität des Monarchen aus Brüssel nichts zu sehen: Leopold wird in würdiger Pose nach rechts blickend dargestellt, die erste Goldmünzenserie nach den Regularien der Lateinischen Münzunion wurde von 1867 bis 1870 in Millionenauflage geprägt. Danach wurde die grobe Darstellung des Bartes durch eine deutlich feiner gestaltete Variante ersetzt, die Haarpracht hatte also offenbar gesteigerte Bedeutung für den König. Von den Münzen der zweiten Serie existieren je nach Jahrgang zwischen 2,2 und 5,9 Millionen Stück, lediglich der Jahrgang 1882 ist mit rund 0,5 Millionen Stück vergleichsweise selten.
Danach konzentrierte sich Belgien auf die Prägung von Silbermünzen, denn die Lateinische Münzunion war nicht auf die Ausprägung von Goldmünzen beschränkt und der belgische Staat benötigte zunehmend Barmittel, um die Kolonialpläne des Königs finanzieren zu können. So war Leopold auch auf Silbermünzen bis zu seinem Tod im Jahr 1909 zu sehen.