Terminmärkte machen kurzfristig Druck auf den Goldpreis.
Edelmetallanleger werden sich wehmütig an den diesjährigen Sommer zurück erinnern. Während Deutschland im Juli und August eine kurze Corona-Pause einlegte und sich am Strand von den Strapazen des ersten Lockdowns erholte, stieg der Goldpreis von einem Rekordhoch aufs Nächste. Bei rund 2.070 US-Dollar wurde ein neues Allzeithoch markiert und die Prognosen wuchsen in den Himmel, denn die fundamentalen Rahmenbedingungen waren exzellent. Doch dann folgte im Herbst eine überraschende Schwächephase, die bis heute anhält.
Neue Hilfspakete sind unvermeidlich
Die Verunsicherung hat sich zuletzt bei Edelmetall-Investoren verstärkt, die eigentlich die richtige Entscheidung getroffen und auf den sicheren Hafen „Gold“ gesetzt hatten. Doch der Preisrückgang bei Gold hat dazu geführt, dass sich manche Anleger fragen, ob dieser Hafen wirklich sicher ist. Immerhin ist es nicht gelungen, die Marke von 1.800 US-Dollar zu verteidigen – obwohl insbesondere die Dollar-Schwäche dazu geeignet wäre, den Goldpreis zu beflügeln. Außerdem dürfte es so sicher wie das „Amen“ in der Kirche sein, dass schon bald neue Hilfspakete in Europa und den USA für die notleidende Wirtschaft geschnürt werden – mit billigem Geld, welches in Aktien und auch Gold fließt.
Ein Blick auf die nüchternen Zahlen sollte allerdings deutlich machen, dass Gold seiner Funktion als Vermögensschutz und ultimative Rückversicherung vor dem Unwägbaren weiterhin vollumfänglich gerecht wird. Bis zum Dezember 2020 hat Gold auf Jahressicht immerhin noch 10 Prozent in Euro und 17 Prozent in US-Dollar zugelegt – zum Vergleich: Der DAX steht im Dezember fast genau auf dem Niveau, mit dem er ins Jahr 2020 gestartet war, also rund 13.230 Punkte. Wer zum Jahresanfang eingestiegen ist, war mit Gold also deutlich besser beraten.
Für die zwischenzeitlichen Schwächephasen, welche beim Goldpreis in diesem Jahr wiederholt zu beobachten waren, gibt es einen plausiblen Grund: Viele Spekulanten waren aufgrund von so genannten „Margin Calls“ verpflichtet, zusätzliche Geldreserven bereit zu stellen, damit ihre verlustreichen Wetten auf die Kurse aufrecht erhalten werden konnten. Denn beim Handel an den Terminmärkten können Investoren ein Vielfaches ihrer tatsächlichen Finanzrücklagen einsetzen – es wird jedoch eine Mindesteinlage, der so genannte „Margin“, gefordert. Dieser beträgt allerdings nur einen Bruchteil der Investitionssumme und dient als Sicherheit.
Futures-Handel: Fragil und gefährlich
Bei nüchterner Betrachtung wird schnell deutlich, wie fragil und gefährlich diese Form des Investments ist – doch seit vielen Jahren wird auf diese Weise der Preis für physisches Gold beeinflusst, auch wenn tatsächlich gar keine Münzen und Barren den Besitzer wechseln. Stattdessen wird der Goldpreis vor allem an der New Yorker Terminbörse „Comex“ gemacht – und dort wetten Spekulanten auf steigende oder fallende Edelmetallpreise. Als weiterer Einflussfaktor gilt die Nachfrage von Anbietern sogenannter ETCs (Exchange Traded Commodities) und ETFs (Exchange Traded Fund) auf Gold-Basis. Hierbei handelt es sich um Finanzmarktpapiere, welche den Wert einer Anlageklasse abbilden und üblicherweise mit physischem Gold besichert sind. Investieren viele Menschen in diese Papiere, müssen die Emittenten auf dem Weltmarkt physisches Gold ordern – dadurch steigt die Notierung für die Edelmetalle.
Langfristig sind die Investoren, welche nicht auf Papiergold setzen, sondern auf reale Werte, im Vorteil: Sie halten im Krisenfall nicht ein wertloses Stück Papier in der Hand, sondern eine Ersatzwährung, welche seit über 5000 Jahren in aller Welt anerkannt ist und jede Krise überlebt hat. Sie haben in diesem Jahr auch einen kuriosen Effekt erlebt, als im März und April infolge der Corona-Pandemie der Goldpreis einbrach, physisches Edelmetall jedoch restlos ausverkauft war. Die Folge: Nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage berechneten Edelmetallhändler für die wenige Ware, welche sie beschaffen konnten, einen Aufpreis. Es gab somit zwischendurch zwei Preise für Gold – einen Preis für beliebig vermehrbares Papiergold und einen Preis für physisch tatsächlich verfügbares Gold in Form von Münzen und Barren.
Goldpreis ist durch Förderkosten gedeckelt
Dass das Abwärtspotenzial beim Gold begrenzt ist, macht zudem ein weiterer Indikator deutlich: Der Goldpreis wird unter normalen Marktbedingungen nie unter die realen Förderkosten fallen, denn keine Goldmine kann es sich leisten, bei der Produktion draufzuzahlen. Branchenschätzungen zufolge liegen die „all-in sustaining costs“, also das Niveau der Kostendeckung je nach Förderregion, bei rund 800 bis 1.000 US-Dollar. Von diesem Wert ist der aktuelle Goldpreis noch weit entfernt, allerdings planen die Goldminen üblicherweise mit einem größeren Puffer – denn die Goldförderung ist ein Geschäft mit vielen Unbekannten und die Unternehmen müssen beispielsweise auf Rückschläge bei der Exploration vorbereitet sein. Sie haben in den vergangenen Jahren daher auch die Fördermengen reduziert, wenn der Goldpreis stärker unter Druck geraten ist – denn kein wirtschaftlich agierendes Unternehmen wird einen derart seltenen Rohstoff wie Gold zum Schleuderpreis verkaufen.