Edelmetalle sind nach dem Kriegsausbruch wieder in den Fokus gerückt.
Von 1,7 Prozent im März 2021 über 3,8 Prozent im Juli 2021 bis auf 7,3 Prozent im März 2022 – die Inflation kannte in den vergangenen zwölf Monaten nur eine Richtung – sie kletterte Schritt für Schritt auf ein Rekordhoch, das zuletzt während des Golfkrieges erreicht wurde. Dieser Vergleich macht die historische Dimension der Teuerungsrate deutlich – und das Ende der Fahnenstange ist wohl noch lange nicht erreicht, denn die explodierenden Energiepreise lasten auf den Inflationserwartungen und durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine dürfen Öl und Gas auch künftig Mangelware bleiben. Viele Analysten gehen davon aus, dass die Inflationsrate schon bald ein zweistelliges Niveau erreicht.
Vor diesem Hintergrund ist es durchaus verwunderlich, wie unauffällig sich der Goldpreis in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Zwar gilt Gold als exzellenter Krisen- und Inflationsschutz, doch während das Vermögen der Deutschen durch die negative Realverzinsung inzwischen im Eiltempo entwertet wird, hat Gold den Sprung auf die ganz große Bühne noch nicht geschafft. Und es gibt nicht wenige Marktbeobachter, die sich verwundert die Augen reiben und fragen: Wird Gold seinem Ruf als Inflationsschutz überhaupt noch gerecht?
Die Fakten sprechen für Gold
Ein Blick auf die Fakten macht allerdings deutlich, dass die Antwort auf diese Frage ganz deutlich „Ja!“ lauten müsste. Im März 2021 stand der Goldpreis bei rund 1.450 Euro. Mitte April 2022 sind es knapp 1.800 Euro und im Vormonat wurde sogar ein neues Allzeithoch in Euro erreicht, der Goldpreis kratzte damals nur knapp an der Marke von 1.900 Euro pro Feinunze. Der Wertzuwachs auf Sicht der letzten zwölf Monate liegt also bei ca. 20 Prozent – somit hat Gold in Euro die Inflation mehr als ausgeglichen. Und auch in US-Dollar fällt das Zwischenfazit erfreulich aus: Von 1.750 US-Dollar ging es in den letzten zwölf Monaten auf ca. 1.950 US-Dollar rauf – ein Plus von circa 13 Prozent.
Dennoch haben wohl sogar eingefleischte Gold-Bullen in den letzten Jahren mehr von „ihrem“ Lieblingsmetall erwartet. Es gibt Berechnungen, wonach der Goldpreis eigentlich bei 2.500 Euro pro Feinunze stehen müsste. Allerdings gibt es handfeste Gründe für die vergleichsweise moderate Entwicklung: Bis zur Eskalation der geopolitischen Spannungen zwischen Russland und der Ukraine lag der Fokus der Anleger in erster Linie auf Aktien und Kryptowährungen. Die Corona-Pandemie schien überwunden, die Wirtschaftsaussichten klarten sich auf und die Notenbanken fluteten die Märkte weiter mit billigem Geld – ein ideales Umfeld für schnelle Gewinne an der Börse.
Wer hält Gold unterm Deckel?
Zudem war im letzten Jahr besonders eindrucksvoll zu beobachten, wie schwer es der Goldpreis hat, charttechnische Hürden zu überwinden, wenn mächtige Gegenspieler am Markt daran kein Interesse haben. So pendelte Gold nach dem Absturz im Juni 2021, als es von 1.900 auf rund 1.750 US-Dollar bergab ging, monatelang in einer Handelsspanne zwischen 1780 US-Dollar und 1850 US-Dollar. In dieser Zeit war bereits ein kontinuierlicher Anstieg der Inflation zu beobachten, doch Gold reagierte kaum auf diese fundamentalen Rahmendaten, die eigentlich ein gewichtiges Argument für stark steigende Edelmetallpreise wären. Aus welcher Richtung derartige Interventionen kommen, um den Goldpreis unter einem „Deckel“ zu halten, wird wohl nie aufgeklärt werden. Fest steht, dass Fed, EZB und Co. sowie die großen Investmentbanken kein Interesse an einer Alternativwährung wie Gold haben.
Inflation ist kein vorübergehendes Phänomen
Man muss gar keine großen Verschwörungstheorien bemühen, um den Einfluss der Notenbanken auf den Goldpreis zu belegen. Nur ein Beispiel: Sowohl EZB-Chefin Christine Lagarde als auch Fed-Präsident Jerome Powell wurden im Jahr 2021 nicht müde, die Inflation als „vorrübergehendes Phänomen“ zu beschreiben. Und das Wort der obersten Währungshüter hat Gewicht in der Finanzwelt. Die Mehrheit der Anleger folgte dieser Einschätzung und sah keinen Anlass, den „sicheren Hafen“ und Inflationsschutz Gold anzusteuern. Erst als sich die Rhetorik der Notenbanker änderte, erkannten immer mehr Investoren, dass es nun an der Zeit sei, Gewinne aus Aktien und Kryptowährungen „ins Trockene“ zu bringen.
Während Goldbesitzer also im Hinblick auf den Inflationsschutz die richtige Wahl getroffen haben, fällt die Bilanz bei vielen anderen Anlageklassen mager aus. Aktienanlagen wurden in den letzten Jahren als ideale Inflationsabsicherung angepriesen, denn eine Inflation von zwei Prozent pro Jahr konnten sie meist locker übertrumpfen. Doch die Zeiten haben sich geändert: Einer Inflation von derzeit 7,3 Prozent steht ein Minus beim DAX von rund 12 Prozent gegenüber – der Aktienindex ist bei rund 15.880 Punkten in das neue Jahr gestartet und dümpelt derzeit bei circa 14.000 Punkten herum.
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