In Edelmetall und Wirtschaft Aktuell
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Silber ist im historischen Vergleich unterbewertet.

Candlesticks, Elliot-Wellen, Wolken-Trading – Chartanalysten nutzen viele Werkzeuge, um die künftige Entwicklung von Aktien oder Edelmetallen zu prognostizieren. Doch oft lesen sich die Analysen wie Glaskugel-Vorhersagen. Und die Entwicklung von Gold und Silber insbesondere in den vergangenen Jahren hat deutlich gemacht, dass viele Prognosen danebengelegen haben. Doch gibt es überhaupt verlässliche Indikatoren, an denen sich ablesen lässt, ob es mit den Edelmetallen rauf oder runter geht?

Insbesondere für die Analyse des Silberpreises hat sich eine Kennzahl zum Liebling der Marktbeobachter entwickelt, die in den vergangenen Wochen wieder verstärkt in den Fokus gerückt und denkbar einfach aufgebaut ist: Das so genannte „Gold-Silber-Ratio“ bezeichnet das Verhältnis zwischen dem Gold– und dem Silberpreis. Eine Unze Gold, geteilt durch den aktuellen Preis für eine Unze Silber, ergibt das jeweils aktuelle „Ratio“. Bei einem Goldpreis von rund 1.800 US-Dollar Ende November 2020 sowie einem Silberpreis von 23,00 US-Dollar pendelt das „Gold-Silber-Ratio“ also um die Marke von 80. Mit anderen Worten: Für etwa 80 Unzen Silber bekommt man eine Unze Gold.

Und dieser Wert elektrisiert Marktbeobachter rund um die Welt. Denn derzeit ist das „Industriemetall“ Silber im Verhältnis zu Gold so billig wie seit vielen Jahren nicht mehr. Und fast immer, wenn die Marke von 80 überschritten wurde, setzte in den vergangenen Jahren eine Gegenbewegung ein – so auch im April 2018, als das Verhältnis innerhalb von knapp zwei Wochen von 82 auf 78 zurücksetzte. Ein Blick auf die Chartgrafik macht deutlich: Seit 2011 verliert Silber im Verhältnis zu Gold kontinuierlich an Wert, über die Marke von 80 ist das Gold-Silber-Verhältnis jedoch seit Anfang der Neunziger Jahre nicht mehr nachhaltig ausgebrochen – bis zu diesem Jahr, als im März und April 2020 das Verhältnis zwischen dem Goldpreis und dem Silberpreis auf einen Wert von über 120 schoss. Gold war infolge der Corona-Pandemie als Krisenschutz gefragt war, während Silber als Industriemetall an Wert verlor. Seitdem geht es allerdings wieder bergab für das Gold-Silber-Ratio und Silber legt überproportional stark im Vergleich zu Gold an Wert zu.

Was auf den ersten Blick nach einer Zahlen-Spielerei aussieht, hilft jedoch bei der Einschätzung, welches der beiden Edelmetalle derzeit unterbewertet und reif für eine Korrektur nach oben ist. Der historische Durchschnitt liegt bei 60 – bei dem aktuellen Niveau um 80 lässt sich also ziemlich sicher sagen, dass Silber im Vergleich zu Gold sehr günstig (oder in der Sprache der Chartanalyse: „unterbewertet“) ist. Viele Investoren verstehen ein Gold-Silber-Ratio um 80 als Kaufsignal für Silber. Erst bei einem Verhältnis von 40 liegt ein Verkaufssignal vor – und davon ist Silber noch meilenwert entfernt.

Es ist wichtig, zur Bewertung des Gold-Silber-Ratio im Blick zu behalten, dass die Berechnung keinesfalls einen sicheren Automatismus vorhersagt. Es gibt unzählige Einflussfaktoren auf den Silberpreis, beispielsweise die weltweite Nachfrage in der Industrie oder auch das Kursverhältnis zwischen dem US-Dollar als weltweite Leitwährung und Handelswährung für viele Edelmetalle und das Gold.

Hier sollte künftig weiterer Druck auf das Preisverhältnis zwischen Gold und Silber entstehen, denn die Weltwirtschaft entwickelt sich offenbar wieder robuster. Zudem kommt Silber zwar in hohem Maße in der Industrie zum Einsatz, allerdings sind die Mengen pro Produkt (beispielsweise in einem elektrischen Bauteil) verschwindend gering. Bei der Festsetzung des Verkaufspreises für das Produkt spielt Silber eine untergeordnete Rolle, gleichzeitig ist Silber für viele Produktionsprozesse völlig unverzichtbar – so wird das Metall selbst bei steigenden Preisen nachgefragt.

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